Samstag, 16. März 2013

Was alles in München hätte bleiben sollen

Wer auf der Suche nach einer fundierten Analyse unseres ersten Champions League Spiels nach der Wahl von Papst Franziskus I, einem passionierten Fußballfan wie man hört, ist, der ist hier definitiv falsch. Das war eine Auswärtsfahrt und dementsprechend war der Fußball zwar der Anlass und ein integraler Bestandteil unserer Reise, aber natürlich nicht die Quelle für zahlreiche Erlebnisse und Zwischenfälle, die diesen Blogpost zu einem der kontroversersten machen werden, den die deutschsprachige Arsenal Gemeinschaft je zu lesen bekam.

Trotzdem möchte ich ein paar Worte zum Spiel verlieren. Mit wenig bis gar keiner Erwartung angereist, waren wir mehr als positiv überrascht von der souveränen Leistung der Gunners und der Tatsache, dass wir für einige Minuten ernsthaft hoffen durften, das Unmögliche zu schaffen. Meiner bescheidenen Meinung nach, wird aber bei all dem Jubel der Tatsache, dass Bayern als sicherer Aufsteiger in das Spiel gegangen ist und dementsprechend uninspiriert agiert hat, viel zu wenig Beachtung geschenkt. Wie das 3:0 gegen Milan letztes Jahr, hat der Gegner nur so viel zugelassen, wie er zulassen konnte, auch wenn das fast in die Lederhose gegangen wäre. Muster ohne Wert halt. Vielleicht könnten wir beim nächsten Mal versuchen, in beiden Spielen die volle Leistung abzurufen. Ich weiß, ein geradezu revolutionärer Vorschlag, aber einen Versuch wäre es wert. Wenn wir die Leistung vom Mittwoch in den kommenden Ligaspielen wiederholen können, dann war München zumindest ein Wendepunkt. Keine drei Punkte heute in Wales, und es war (wieder einmal) nur das letzte Zucken eines Sterbenden.

Disclaimer: Kindern unter 18 Jahren und zartbesaiteten ist das Weiterlesen nur in Begleitung von Erwachsenen oder von staatlich geprüftem Pflegepersonal gestattet. Der folgende Text enthält Passagen über Sex, Drogen und ein bisschen Rock und Roll.
Ähnlichkeiten mit Personen des wirklichen Lebens sind so zufällig nicht.

Die Hauptfiguren der folgenden Zeilen waren The Terrier und Jersey Boy, bekannt aus dem Blogpost "Ist ein Pint größer als ein halber Liter?", sowie als Neuling in unsere Reihen: Leprechaun, ein Herzensbrecher von der grünen Insel. Nach einer unterhaltsamen, aber an sich ereignislosen Zugfahrt, noch ohne Jersey Boy, der derweil die Übernahme der Weltherrschaft durch die Hochfinanz vorbereiten musste und daher schon am Tag vorher gefahren ist, erreichten wir, das als Stadt getarnte Dorf, München. Am Bahnhof wurden wir von Ciderman, Fred Perry, Silent Bob, Barney Gumble und Sonnenschein (ein Mitreisender, das Wetter war eher grau in grau) mit unseren Tickets und einem Sack voll Chilli begrüßt. Ja der geneigte Leser hat richtig gelesen. Gegessen wurde es aber nicht, den zubereitet war es von einem Anhänger der Spurs worden und seit der Sache mit der Lasagne ist man in Nord London vorsichtig, was Lebensmittel vor Spielen betrifft.
Am Weg in unser Hotel erfreute uns The Terrier mit Kommentaren über nicht indigene Bürger, die uns entgegenkamen. Man weiß bei diesen Engländern ja nie so recht, wie ernst etwas gemeint ist, aber Leprechaun kam aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr heraus. Wer weiß, was passiert wäre, wenn er seine rekreativen Medikamente nicht dabei gehabt hätte. Man muss allerdings sagen, dass The Terrier wie ein nervender Kommentar bei einem Fußballspiel ist, den man nicht abdrehen kam. Seine Stimme dröhnt jetzt noch in meinem Kopf, da er seine Paperlatur nur in Ausnahmefällen geschlossen hält. So wurde auch gleich das Zimmer ausführlich besprochen, negativ natürlich. Das er gleich versuchte, den Fernseher (der nicht größer als ein Ipad war) von der Wand zu reißen, überraschte dabei kaum jemanden.

Nächste Station Augustiner Keller. Glücklicherweise war noch ein Tisch zu finden, ansonsten war das beste Bierlokal Münchens voll mit fröhlichen Gooners und einigen nicht ganz so fröhlichen Bayern Fans, die ungläubig zur Kenntnis nahmen, eine Minderheit im eigenen Revier zu sein. Wir begannen indessen, uns mental auf das Spiel vorzubereiten. Köstliches Augustiner Bräu und Testobjekte an denen man seine Fähigkeiten im zerlegen von Schweinen erproben konnte.

Sau stechen
Unser Begrüßungskomitee stieß auch wieder zu uns, man hatte ein anderes Hotel gebucht. Fred Perry war in seiner üblichen, großartigen, Reiselaune und das erste und letzte, was wir für die nächste Zeit von ihm hörten war: "Da ziagt's (was stimmte), da san so vüle Leit (stimmte auch) und ich friß sicha net in ana depperten Bierhalle!" Sprach's und verschwand. Er sollte später zufrieden aus dem benachbarten Restaurant des Augustinerbräus zurückkehren.

Wir erhöhten indes die Schlagzahl.

Maß für Maß
      
Schließlich stießen auch noch die Jungen, die unter der Leitung von The MC mit Autos aus Wien gekommen waren, zu uns. Das heißt eigentlich haben sie nur Hallo gesagt und sind dann wieder verschwunden. Das ging den restlichen Tag so weiter, wie Irrlichter, wenn man so will. Den Paten aus dem wilden Osten, der ebenfalls mit dem Auto gekommen war und wie üblich eine stattlich Zahl von Gefolgsleuten mitgebracht hatte, hatten wir in der Zwischenzeit auch gefunden. Wir üblich wurde da noch mit Karten gedealt. Ich half wo ich konnte, denn mit dem Paten muss man es sich gut stellen.
Als nächster stießen noch die Wirtsleut unseres neuen Stammpubs zu uns und gemeinsam suchten wir das unvermeidliche Irish Pub auf, wo die Wirtsleut eine Runde Guinness spendierten. Offenbar konsumieren wir zu viel in ihrem Lokal. Auf dem Weg in das Pub begannen übrigens die Kirchenglocken heftig zu läuten, was der Kanonier, an sich ein Mann des Glaubens, zunächst nicht so richtig registrierte. Aber die Wirtin stellte augenblicklich fest, dass muss für den neuen Papst sein. Und tatsächlich, habemus papam. Was sollte an so einem Tag noch schiefgehen?

Nach dem Guinness war es jedenfalls Zeit, ins Stadion zu fahren. Auf dem Weg dorthin haben wir Leprechaun verloren, der irgendwann im Laufe des Nachmittags einen glücklichen Grinser aufgesetzt hatte und sich von da an nur mehr tanzend bewegte. Tja, so ein Auswärtstrip fordert halt seine Opfer. Jersey Boy war immer noch nicht bei uns und wollte direkt ins Stadion kommen. Weltherrschaft erlangen ist so einfach nicht. Im Stadion angekommen, verteilten wir uns im Fanssektor und harrten der Dinge, die da kommen sollten.

Main Act!
   
Die Arsenal Fans machten Stimmung, die Bayern Fans saßen nur dumm rum und wurden mit "Your support is f*****g s**t" auch regelmäßig darauf hingewiesen. Kurz nach Anpfiff das erste Tor für Arsenal, die Bayern Fans saßen noch dümmer rum und wir freuten uns des Lebens. The Terrier wollte seine Freude mit dem Polizisten hinter sich teilen, bekam aber nur, den am Gürtel befestigten, Helm zu fassen. Die Freude des Exekutivbeamten war enden wollend, aber glücklicherweise konnte sich unser Althooligan noch zusammenreißen.
Kurz vor Schluss dann das zweite Tor für The Arsenal. Die Bayern Fans saßen mit vollen Hosen dumm rum und die Gooners glaubten an das Wunder. Wenige Minuten später war der Spuk aber auch schon wieder vorbei.
Rückzug in die Stadt. Jersey Boy hatte es in Stadion geschafft und wir machten uns auf den Weg. Auf diesem hat der Kanonier auch was gelernt. Althooligans verfallen immer wieder in alte Verhaltensmuster. Nach einer Serie von freundschaftlichen Schlägen auf den Rücken von The Terrier, konnte sich dieser nicht mehr zusammenreißen und ich fand mich auf dem Boden wieder. Der Rest der Truppe wirkte leicht geschockt. The Terrier entschuldigte sich wenig später, aber klar war, für einen Machtwechsel im Rudel war es noch zu früh. The Terrier rules, trotz seines fortgeschrittenen Alters!

In der Stadt angekommen, begaben wir uns zurück in die Irish Bar. Wir, das waren nur mehr die Bewohner dieses einen Zimmers und Barney, der ständig an irgendwelchen Brezeln kaute, die er offensichtlich im Augustinerkeller gemopst hatte (waren allerdings gratis, also kein Fall für die Staatsanwaltschaft). Nach dem einen oder anderen weiteren Bier (es gab wieder Augustiner) stellte man gegen ein Uhr die Sessel auf die Tische, drehte das Licht auf und bot uns Plastikbecher für das verbliebene Bier an. Mein Augustiner in einen Plastikbecher umleeren? Sonst geht's aber eh? Also hinunter mit dem Plunder, raus aus dem Schuppen und die restliche Nacht verplanen. Barney war inzwischen in sein Hotel gefahren und wir waren nur mehr zu viert. Ein Franzose wollte uns seine Hilfe bei der Planung anbieten, aber dann zeigte er uns nur seinen nackten Hintern mit seinem G-String. Auf unser Anraten tat er das dann auch noch bei einer Gruppe junger Damen. Eigenartiges Völkchen diese Franzosen!

Ein Irish Pub, wie originell!

Wir zogen weiter, kamen zu einer Disco, aber Jersey Boy wollte keinen Zwölfjährigen beim Tanzen zusehen. Sonst eigentlich auch niemand, also ließen wir uns von einem Rikschafahrer beraten. Die mittelalterlichen Herrn in der Gruppe, entschieden sich für eine Stripbar. Das Problem war also nicht beim Tanzen zuzusehen, sondern der Reifegrad der Damen. Und so erreichten wir, nach einer kurzen Fahrt, wobei die Hälfte der Belegschaft zu Fuß daneben herging, respektive daneben herlief wie ein irischer Kobold, besagtes Nachtlokal. Ich persönlich bin ja nicht so der Fan dieser Art von Gruppenerlebnis, aber alleine nach Hause war auch keine Alternative. Da saß ich also mit einem überteuerten Bier in der Hand, bestaunte die Performances und dachte über Gott und die Welt nach (ich habe nie behauptet, dass ich normal bin!). Der eine oder andere (eigentlich hauptsächlich einer) genossen das Gebotene etwas mehr, aber alles noch ihm Rahmen des Erlaubten. Irgendwie hatten wir es schließlich geschafft, die Letzten im Lokal zu sein. Also Aufbruch und draußen ins nächste Taxi. Das wurde von einer etwas eigenartigen Frau gelenkt, die uns in ein noch übler beleumundeteres Lokal bringen wollte. Zum Glück wollte das von uns niemand mehr und so ließen wir uns zu den Klängen von AC/DC in voller Lautstärke, Richtung Hotel führen. "Highway to Hell" entfaltet eine besondere Wirkung, wenn man mitten in der Nacht, im Halbschlaf, mit überhöhter Geschwindigkeit durch München driftet (driften im wahrsten Sinne des Wortes). Nach "TNT" wurden wir zwar auf der Straße unseres Hotels ausgelassen, aber es war immer noch ein Stück zu gehen. Jersey Boy kannte das Hotel ja nicht, das Feed Back von uns anderen, ob das unser Hotel ist, war offensichtlich unbrauchbar. The Terrier begann wieder zu maulen, aber es half nichts. Ein paar Minuten Fußmarsch waren notwendig, bevor wir unseren Schlafplatz erreichten. Der Kanonier ging dann nicht über Los, kassierte keine 20.000,-- und begab sich direkt in die Heija. Leprechaun folgte etwas später, obwohl ich davon nichts mehr mitbekommen habe.
Den Auftritt des Terriers habe ich dann wieder mitbekommen, denn auch um sechs Uhr in der Früh lief der Kommentar in unverminderter Lautstärke weiter. Erst als er zu schnarchen begann hörte er auf zu Reden. Zum Glück war ich komatös genug, um gleich wieder einzuschlafen.

Die Tagwache verlief dann erstaunlich problemlos und zu den Klängen von The Terrier und wie er die Welt sieht (E-Tube, scheint zum Beispiel ein tolle Alternative zu YouTube zu sein) und seiner Sangeskünste: "I'm to sexy" inklusive Tanz im Feinrip, machten wir uns reisefertig. 

Die Zugfahrt verbrachten wir mit dem Zusammentragen von Erinnerungen und den Fragmenten der Novelle, "The Terrier und das Leben". Der eine oder andere machte sich Sorgen um seinen Job, weil er die Frau des Chefs unter Alkoholeinfluss beleidigt hatte, aber am Ende hieß es: "Gut ist es gegangen, nichts ist geschehen".

Und wenn sie nicht gestorben sind, saufen sie heute weiter! Happy St. Patricks Day!

     
     

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